Katharina Blaas, Der Fischer unterwirft sich dem Fisch

Warum? Warum unterwirft sich der Fischer dem Fisch?

Wir sehen ein Objekt an der Wand, mit entsprechendem Titel. Ein pars pro toto, so scheint es, denn es ist zudem der Titel für diese Ausstellung. Geht man langsam von Objekt zu Objekt, so wird immer einleuchtender warum: damit sind wohl die vielen Ideen gemeint, die die Künstlerin aus ihrem Teich der Fantasien fischt.

Auch scheint es Elisabeth Homar um das entscheidende Moment zu gehen, aus allen vorgefundenen Materialien ihre richtige künstlerische Entscheidung für ein bestimmtes Objekt herauszufinden. Wie sie selbst beschreibt, sind oft Titel, die schon während des Arbeitsprozesses entstehen, so wichtig, wie das Objekt selbst. Sprache und Objekt sind förmlich miteinander verbunden.

Elisabeth Homar spielt mit Zitaten und Sprache, erfindet Sinnsprüche, verknüpft scheinbar Sinnloses mit Absurdem, das bei genauerer Betrachtung schlussendlich wieder Sinn macht. Sie schafft Mikroorganismen, erzählt Geschichten und Anekdoten, sehr oft mit einem Augenzwinkern.

„Schau wie klein ich bin“ ist besonders für jene Menschen gedacht, die nicht immer nur das Große vor Augen haben, sondern wissen, dass sich das Leben wohlweislich aus vielen Kleinigkeiten zusammensetzt. Ein verstärkt weiblicher Blickwinkel wird auf Dinge des Alltags gelegt, und das ist folgerichtig eine Fortführung ihrer künstlerischen Laufbahn. Elisabeth Homar hat an der Universität für Angewandte Kunst in Wien an der Meisterklasse für Textil studiert und sich schon in frühesten Arbeiten von der Fläche in den Raum vorgearbeitet.

Für Objekte, die sie nunmehr seit zwanzig Jahren produziert, verwendet sie die unterschiedlichsten Materialien – Fundstücke, Weggeworfenes, Angeschwemmtes, das sie, ihrer Sehweise folgend, mit expliziten Eingriffen verändert.

Sie arbeitet mit Drähten, Hölzern, Zündholzschachteln, Nägeln, Federn, Pappkartons, Farben, kurzum, mit fragmentarischem, das spielerisch ausgewählt, für Elisabeth Homars eigenständige Universalität spricht.

Zwei Dinge sind es, die einem Betrachter sofort an den Objekten auffallen: die Dimension und das das Material. Wenn man genauer hinsieht, und sich auf die feinziselierten, kleinen, zarten, zusammengesetzten Strukturen einlässt, wird einen die Aura dieser Objekte umfangen. Man erspürt, man nimmt die Kraft, die von so kleinen Objekten ausgeht, wahr.
Hier hat eine Sammlerin den Zauber der kleinen und kleinsten Dinge für ihre künstlerische Arbeit entdeckt, und der Wegwerfgesellschaft so manches Ding in ein neues Bewusstsein zurückgeholt. In einer Zeit, die in ihrer Sucht nach Größe kaum zu überbieten ist, ein wahrhaft starkes Stück.

Der Kunstmarkt und die internationalen Kunstmessen sind von Riesenformaten überschwemmt. Elisabeth Homar kümmert sich um solche Trends nicht, sondern um ihre höchst persönliche, unverwechselbare Arbeit. Die Faszination, die von ihren Objekten ausgeht, gibt der Künstlerin entschieden recht, so zu agieren.

(2005)